Abwarten oder Handeln? – Was Sie trotz wechselnder Berichtspflichten jetzt schon tun sollten.

Die geplanten Lockerungen der ESG-Berichtspflichten durch die Omnibusverordnung werfen Fragen auf: Ist das ein notwendiger Schritt zur Entlastung oder ein riskanter Rückschritt? Unternehmen stehen vor der Wahl: Abwarten oder aktiv werden? Fakt ist: Weniger Pflicht heißt nicht weniger Relevanz. Nachhaltigkeit bleibt ein entscheidender Faktor für Wettbewerbsfähigkeit – ob berichtet oder nicht. In diesem Artikel beleuchten wir, welche Themen weiterhin Priorität haben und welche Schritte jetzt sinnvoll sind.

Omnibusverordnung: Weniger Berichtspflichten – mehr Wettbewerbsfähigkeit?

Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einer sogenannten Omnibusverordnung. Ihr Ziel: Unternehmen bei ihren Berichtspflichten entlasten und dadurch Bürokratiekosten senken. Im Fokus stehen u. a. Erleichterungen bei der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und den ESRS (European Sustainability Reporting Standards). 

Hintergrund für diese Maßnahmen ist der Wunsch, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken. Indem aufwändige Berichtsanforderungen reduziert oder ganz gestrichen werden, sollen Zeit und Ressourcen freigesetzt werden, damit Unternehmen sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Doch aktuell sind viele Fragen offen und Unternehmen fragen sich was soll man tun? Soll man zunächst einfach abwarten, oder handeln? Aktuelle Bemühungen einstellen, oder freiwillig berichten? 

Freiwillig berichten? Pro & Contra im Überblick

Viele Unternehmen setzen auf freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung, um Transparenz zu schaffen und das Vertrauen von Stakeholdern zu stärken. Ein häufiger Beweggrund ist die Annahme, dass dies langfristig zu einem Wettbewerbsvorteil führt – etwa durch eine bessere Positionierung bei Investoren, Kunden oder Mitarbeitenden. In einigen Fällen ist dieser Effekt klar erkennbar, insbesondere wenn Nachhaltigkeitsmaßnahmen eng mit der Unternehmensstrategie verknüpft sind 

Gleichzeitig gibt es viele Unternehmen, die den Nutzen einer freiwilligen Berichterstattung kritisch hinterfragen. Das ist verständlich – wenn der wirtschaftliche Nutzen unklar ist und viele Unternehmen bereits über Nachhaltigkeit berichten, wird es schwer, sich damit von der Konkurrenz abzuheben und Wettbewerbsvorteile zu generieren. Hinzu kommt: Wenn Berichterstattung als reines Compliance-Thema wahrgenommen wird, führt der Wegfall der Pflicht oft auch dazu, dass nachhaltigkeitsbezogene Maßnahmen insgesamt an Priorität verlieren. 

Doch aufgepasst: Weniger Berichtspflichten bedeuten nicht weniger Handlungsbedarf. ESG bleibt ein zentrales Thema für Unternehmen – nicht nur aus regulatorischer Sicht, sondern auch in Bezug auf Effizienzsteigerung, Risiko- und Chancenmanagement und langfristige Wettbewerbsfähigkeit. 

ESG als Erfolgsfaktor – auch ohne Pflicht 

Unabhängig von der Nachhaltigkeitsberichterstattung, sprechen handfeste Gründe dafür, ESG-Aspekte weiterhin ernst zu nehmen und in die Unternehmenspraxis zu integrieren. Denn bei ESG geht es nicht nur um Mensch und Umwelt, sondern auch um wirtschaftliche Aspekte. Die folgenden Punkte sind aus wirtschaftlicher Sicht besonders relevant: 

Datenbasierte Messung und Steuerung 

Wer genau weiß, an welchen Stellen Ressourcen wie Energie oder Materialien verbraucht werden und wo potenzielle Risiken oder Chancen liegen, kann effektiver steuern. Solche Kennzahlen (KPIs) helfen dabei, gezielt Kosten zu senken, ineffiziente Prozesse zu verbessern und strategische Entscheidungen auf eine verlässliche Grundlage zu stellen. Eine kontinuierliche Datenerhebung versetzt Unternehmen in die Lage, ihre Maßnahmen zu bewerten und bei Bedarf anzupassen. 

Viele Unternehmen nennen steigende Energiepreise als Nachteil für den Wirtschaftsstandort und werfen der Politik vor, zu langsam zu reagieren. Doch wie möchten Sie mit dem damit verbundenen finanziellen Risiko umgehen – abwarten oder handeln? Eine vorausschauende Datenerfassung kann hier helfen, die tatsächlichen Kostentreiber zu identifizieren und rechtzeitig gegenzusteuern. 

  • Integriertes Risiko- und Chancenmanagement  Nachhaltigkeitsthemen haben oft langfristige Auswirkungen auf das Geschäft – sei es durch Lieferengpässe bei knappen Ressourcen, sich verändernde Marktanforderungen oder gesetzliche Vorgaben. Wer ESG-Aspekte frühzeitig in sein Risiko– und Chancenmanagement integriert, kann Chancen erkennen (etwa durch neue „grüne“ Produkte) und Risiken besser steuern (z. B. beim Umgang mit potenziellen Reputationsschäden). Eine enge Verknüpfung mit bestehenden Managementsystemen (z. B. Qualitäts- oder Energiemanagement) schafft zudem Synergieeffekte und spart interne Ressourcen. Gerade in finanziell angespannten Zeiten kann ein frühzeitiges Risikomanagement eine teure Fehlplanung verhindern. Ein Beispiel: Manche Unternehmen haben ihre Lieferketten umgestellt, um bei Energieengpässen flexibler reagieren zu können – das spart langfristig nicht nur Geld, sondern schützt auch vor Produktionsausfällen. 
  • Vorbereitung auf kommende Regulierungen und externe Anforderungen  Obwohl die Omnibusverordnung gewisse Pflichten abschwächen möchte, ist nicht davon auszugehen, dass der Regulierungsdruck im Bereich ESG insgesamt nachlässt. Denn einerseits bleiben die von der Politik gesetzten Ziele im Bereich Nachhaltigkeit bestehen, und andererseits verlangen immer noch viele Kunden, Banken oder Investoren ESG-Nachweise, was für die Finanzierbarkeit und den Marktzugang vieler Unternehmen entscheidend sein kann. Eine Anpassung an solche neuen Vorgaben bringt viele zusätzliche Aktivitäten, die „on top“ zum Tagesgeschäft erledigt werden müssen – zum Beispiel die Überarbeitung von unternehmensweiten Richtlinien, Prozessen oder Lieferantenanforderungen. Vor allem beim Versuch einer kurzfristigen Implementierung führt das bei Mitarbeitenden schnell zu Überforderung und hat negative Auswirkungen auf deren Motivation und Arbeitsleistung. Wer sich jedoch frühzeitig mit ESG-Themen auseinandersetzt, kann solche Anpassungen besser planen und verteilen. Dadurch werden die zusätzlichen Aufgaben planbarer, und das Unternehmen läuft nicht Gefahr, durch kurzfristige, hektische Maßnahmen in Zeitnot zu geraten oder Chancen zu verpassen. 
 

Fazit:

Die Omnibusverordnung mag zwar einen Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung erleichtern oder streichen – doch ESG-Themen bleiben wirtschaftlich relevant. Unternehmen profitieren von einer datenbasierten Steuerung, indem sie ihre Prozesse effizienter gestalten und Kosten senken. Ein integriertes Risiko- und Chancenmanagement bietet Resilienz und kann neue Marktpotenziale erschließen. Und wer sich frühzeitig auf künftige Vorschriften vorbereitet, vermeidet hektische Ad-hoc-Maßnahmen, die Mitarbeitende zusätzlich belasten. 

Checkliste für den pragmatischen Einstieg in ESG:

  1. Risiken und Chancen entlang der Wertschöpfungskette identifizieren: 
    Welche Bereiche sind von steigenden Kosten, Engpässen oder Umweltfaktoren bedroht? Wo ergeben sich neue Geschäftsfelder, etwa durch „grüne“ Produkte? 
  2. Analyse bestehender Policies und Prozesse:
    Wie gut sind aktuelle Richtlinien, Organisationsstrukturen und Abläufe auf ESG-Themen vorbereitet? Wo ergeben sich Lücken oder Redundanzen? 
  3. Aufbau eines einfachen KPI-Systems: 
    Welche Kennzahlen (Energieverbrauch, Abfallmengen, Lieferantenstandards etc.) lassen sich schnell erheben, um erste Einblicke zu gewinnen und Handlungsfelder zu priorisieren? 
  4. Automatisierungsmöglichkeiten prüfen: 
    Welche Bereiche (z. B. Datenanalyse, Berichtserstellung) können automatisiert werden, um Mitarbeitende zu entlasten und gleichzeitig verlässliche Daten zu erhalten? 
  5. Prioritäten definieren und Umsetzung planen:
    Wo liegt der größte finanzielle Hebel, und welche Maßnahmen lassen sich mit wenig Aufwand realisieren? Ein gestaffelter Aktionsplan verhindert Überforderung und schafft schnelle Erfolgserlebnisse. 

Sie haben Fragen zum Thema LkSG? Dann kontaktieren Sie uns gerne über Daniel.Pex@nxt-consulting.de oder LinkedIn (Tim Martin SiebertDaniel Pex).